Monat: April 2023

Gebet für den Beter

Radikalphilosophische Schwermut drückt auf die Brust während feingeistige Gedanken sich durch die Galaxie klamüsern. Die Theorie im Tornister. Die Affen klimpern wieder — vielleicht ist es Schumann, eher noch als Brahms. Eine Bahnhofsprostituierte erhascht den Augenblick. Weiche Melancholie umflüstert die Nacht. Die S-Bahnen fahren nicht mehr, nicht diese Nacht. Ein weiterer Lenz hat Einzug gehalten.

Eine Zigarette weint im ewigen Kampf der Zeit, ehe sie verglüht. Gottfried Benn war ein Arzt aus Brandenburg. Damit ist aber noch nicht alles gesagt. Hölderlin wiederum, was weiß ich!? Er wollte hier nicht unerwähnt bleiben.

Also von Vorne … immer aufs Neue, ran an den Feind, wie der Volksmund sagt! Munter vorwärts, immer weiter, was hat das eine mit dem anderen zu tun? Egal.

Oh, mein liebes Gretchen! Wenn der Teufel nicht wäre, wie lieb könnten wir uns haben! Und doch, so schreie ich, und schreie und schließlich, urplötzlich verstummt, schreibe ich weiter, in Gedanken nur bei dir, das Universum möchte ich … Doch, wer bin ich? Ein Wurm, eine Laus, whatever!
Es ist die Dunkelheit, welche mir Geborgenheit verspricht. Licht schafft Angst, Schwärze jedoch umschmeichelt uns, bevor sie gelangweilt uns verschlingt.

Mein pures Entzücken liegt im Ekel der Verzweifelung nicht gänzlich banaler Modalitäten. Diskursiv in der Diskothek, Diskret in der Diskrepanz. Stille Monstranz gleichwie banale Monstrosität, eine obszöne Gesellschaft, in der – wie gehabt – das Geld den Ton angibt.

Wäre da nicht Kafka gewesen, hätte es Dostojewski nicht gegeben und Musil nicht gelebt. Gäbe es nicht die Hoffnung in den Zwischentönen. Wem das Leben zu ernst ist, der möchte es alsbald beenden, scheint mir. Und doch, der Schein trügt. Es ist eine Albernheit in jedem von uns, welche gerne erlischen möchte, gleichwohl wir, naja, dem Tod in die Arme tanzen. Doch bauen wir immer die Brücke zur Unendlichkeit, besessen zielen wir auf das Absolute immerdar.

Christus Erlöser? Ja oder nein. Und falls ja, wenn zwar … immerhin, die Frage ist berechtigt: wem mögen wir unsere tiefsten Zweifel schenken?!?

Elegie an den Mond

Was zählt, ist, was hinten rauskommt. Aber nicht immer. Und so kloppt der bekloppte Affe in seine Tasten, während irgendwelche Bauernschlauen dir Bier über die Saiten kippen. Wäre die Welt bloß eine verrauchte Kneipe, der Kosmos wäre wieder am Leben … oder die Berge, hoch und weiß oben auf den Gipfeln, mit Bächen in den Tälern und Almauftrieb. Jawollek, es ist Frühling, das lass dir
gesagt sein, und ein paar Lenze habe ich schon auf dem Buckel, vielleicht werden es noch ein paar mehr. Ach, ja, und, oh Gott!, der Mond. Der Mond und die Liebe, das ist in etwa so, als ob die Sphinx zu sprechen begänne.


Und wozu verausgaben? Man verausgabt sich alle Tage, egal, was man macht. (Oder eben nicht macht.) Wie nennt man einen Balkon bloß in der Sprache der Architekten? Und es ist doch ein Balkon. Zigarette ist gierig eingesogener Schmerz. Schmerz mit Trauer. Aber auch Skepsis. Eine gesunde Portion Skepsis darf nie fehlen. Und dann mag da irgendwo in der Ferne, hinten am Horizont, wenn es den noch gäbe in der mathematischen Endlosigkeit möglicher Konstellationen, eine Frauenstimme singen. Dann ist es diese Frauenstimme, die die Brocken der Wirklichkeit aus der Realität herausmeißelt. Die Arbeit am unbehauenen Stein, denn es ist immer Arbeit, die Arbeit eines Suchenden,
Ertrinkenden, hoffnungslos verzweifelten Taugenichtses, welcher sich seiner Existenz beraubt sieht in der Geißelung marktwirtschaftlicher Zwänge, so, wäre da nicht Tarkovski mit seinen Ansichten, oder Bergman oder Wenders, und wie sie alle heißen!


Der Affe kloppt in seine Tasten, das mechanische Klappern seiner Tasten versetzt ihn zunehmend in einen Rausch. Im Stakkato hämmert er sich durch die Moderne, dann, beinahe unvermutet, Postmoderne. Die Frau, sie lästert nicht — sie klagt. Sie klagt so bitterlich, dass der Hörende aus seinem Dämmerzustand erwacht und den Kreislauf der Herzen zu spüren bekommt. Seine Seele triggert sich durch das Firmament und landet schließlich, Tatsache: an einer Bar. Besser kann es
lediglich laufen, wenn Jim Morrison einen ausgibt. Doch der ist lange tot, hat die Seite gewechselt, wie man sich landläufig berichtet. „Wer früher stirbt, ist länger tot!“, lacht man und weiß nicht, was man dazu noch denken soll. Eine Stadt im
Breisgau ist nicht Leipzig.


Durch so viel Formen geschritten, alsbald die Frage vergessen, das Eigentliche im Gepäck, aber die Destination verlorengegangen. Nachlass zu Lebzeiten, wohlgemerkt. Die Verquickung der Moral mit Algorithmen zu welchem Zweck, soeben zu linear gedacht, wer auf den Verfall wetten möchte, darf nicht allzu lange zögern.

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